Willkommen

Für die Biobranche war das Kükentöten schon 2011 ein wichtiges Thema, das auch die Gründungspartner mit einer ethisch vertretbaren Lösung in der Geflügelhaltung angehen wollten. Jörg Große-Lochtmann, Vorstand Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG und Meinrad Schmitt, Geschäftsführer Terra Naturkost KG haben die Initiative ergriffen und gründeten ei care. Das Projekt startete mit sechs Naturland Betrieben, denen die Sicherheit gegeben wurde alle ei care Produkte abzunehmen und zu vermarkten. Die ersten Jahre des Projektes ei care waren Lehrjahre geprägt von „Kinderkrankheiten“ und der Erkenntnis, dass sowohl die Erzeugung als auch die Vermarktung nicht auf bestehende Strukturen zurückgreifen kann. Die ursprüngliche Aufgabenverteilung bestand in der Beschaffung der Rohwaren durch die Marktgesellschaft sowie der Vermarktung von Eiern und Fleisch durch die Terra Naturkost KG. Das Projekt ist regional verankert und beschränkt sich auf den Berlin-Brandenburger Raum sowie Mecklenburg-Vorpommern. 

 

Von Anfang an war es Ziel, bei der Zucht nicht von vier weltweit agierenden Unternehmen abhängig zu sein und das Risiko der Haltung von Zweinutzungshühnern nicht die Betriebe tragen zu lassen, sondern es auf alle Partner zu verteilen.

 

Gemeinsam haben die Partner Pionierarbeit geleistet die Les Bleus in einem ganzheitlich gedachten Ansatz umzusetzen und teilen ihr Erfahrungswissen in diesem Handbuch mit weiteren Landwirt_innen.

 

 

Bild: terranaturkost_eicarelkw

 

Idee

Die vermutlich umfassenste Antwort auf das Kükentöten und andere Nachhaltigkeitsherausforderungen, die in der Gesellschaft und in der Geflügelbranche diskutiert werden, sind Zweinutzungshühner. Kleine Projekte leisten derzeit einen wichtigen Beitrag, die Zweinutzungshühner als Alternative aufzubauen. Bei diesem Versuch wird deutlich, wie sehr sich die Zweinutzungshühner in allen Bereichen von der Vermehrung bis zur Zubereitung von den gewohnten Hybriden unterscheiden. Dieses Wiki richtet sich insbesondere an Betriebsleiter_innen, die sich für die Haltung von Zweinutzungshühnern interessieren, zeigt aber auch auf, welche Aspekte im Bereich Vermarktung und Verbraucher_innen beachtet werden müssen.

Projekt ei care

Das Regionalprojekt Zweinutzungshuhn mit der Marke ei care (kurz: ei care Projekt) ist seit 2011 das einzige Projekt, bei dem ein Zweinutzungshuhn sowohl im Bereich Fleisch als auch im Bereich Ei über die klassische Wertschöpfungskette von Naturkostgroß- und Einzelhandel vermarktet wird. Ziel ist es die alte Rasse Les Bleues (Bresse-Genetik) auf kleinen bäuerlichen Betrieben zu erhalten und schafft ein Bewusstsein für eine wertschätzende Nutzung von Hahn und Henne.

 

 „ei care folgt einem regionalen und ganzheitlichen Ansatz in der Hühnerhaltung. Auf unseren Bio-Höfen wachsen Hühner auf, die neben Eiern auch Fleisch liefern – was heute nicht mehr üblich ist. Das ist gelebte Vielfalt für eine nachhaltige Landwirtschaft. Es geht um ein gutes Leben für alle: Die Hühner sind robuste, vielseitige Tiere und bekommen Zeit zu wachsen, die Landwirt_innen sollen für eine tiergerechte Haltung auf ihren kleinen und mittleren Gemischtbetrieben ein faires Einkommen erhalten und schließlich können Sie als Kund_innen unbeschwert wohlschmeckende Lebensmittel genießen.“

Homepage ei care www.aktion-ei-care.de

 

Wirtschaftlichkeit

Es gilt nun, die Ei-Leistung der Les Bleues Henne etwas zu erhöhen und gleichzeitig das Projekt weiter auszudehnen, so dass es größere Bestände geben kann, um pro Huhn einen geringeren Arbeitsaufwand zu haben. Dennoch ist die Wirtschaftlichkeit bei der klassischen Vermarktungskette so gering, dass ei care mit einer Bio-Erzeugung von 4 x 3.000 Legehennen unter einem Dach, von dem eine Arbeitskraft leben kann, nicht mithalten kann.

 

 „Zum einen wollten wir eine Alternative zur Öko-Geflügelhaltung aufzeigen, die Geflügel wieder als einen Betriebszweig neben anderen auf kleinen und mittleren Betriebe ermöglicht. Zum anderen suchten wir nach einer Lösung, die den Betrieben Unabhängigkeit von den vier großen Zuchtunternehmen bietet und damit ökologische Zuchtziele ermöglicht“,

Jörg Große-Lochtmann, Vorstand Marktgesellschaft der Naturland Bauerns AG

 

Bruderhahn Initiative

Das bisher wirtschaftlich erfolgreichste Projekt, um das Töten von männlichen Küken zu vermeiden, wird unter dem Titel „Bruderhahn“ vermarktet. Betriebe, die sich dort beteiligen, bezeichnen dieses Vorgehen als sogenannte „Brückentechnologie“ bis eine bessere Lösung verfügbar ist. Denn hier werden weiter Hybridlegehennen gehalten und die Brüder aufgezogen. Eine Zusatzabgabe pro Ei wird zum Teil in die Züchtung alternativer Hühnerrassen, wie die  der  Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ), investiert.

 

Die Bruderhahn-Initiative und vor allem deren Wirtschaftlichkeit beruht darauf, die volle Legeleistung der Legehybriden mit einem Aufschlag von mehreren Cent zu belegen. Damit wird die kurze aber inneffektive Mast der männlichen „Bruderküken“ subventioniert. Deren Fleisch wird in aller Regel als Verarbeitungsfleisch für Wurst, Frikassee, Babynahrung oder anderes verwendet. Die Tiere werden kaum als ganze Hähnchen vermarktet. Denn dafür reichen die Fleischqualität und -menge in der Regel nicht aus.

 

Züchtung ist wichtig

Die Verwendung des Les Bleues Huhns leistet einen wertvollen Beitrag zur Agrar-Biodiversität und könnte in Zukunft eine Alternative zur Hochleistungslegehenne großer Zuchtfirmen sein. Die Versuche der großen Züchtungsinternehmen, aus diesem Bereich Hybrid-Zweinutzungshühner anzubieten, sind bisher auch nur mäßig erfolgreich. Dahinter brauchen sich nach unseren Praxiserfahrungen die Ergebnisse der Bresse-Genetik nicht verstecken. Diese verbinden optimal guten Geschmack von Eiern und Fleisch.

 

Trend zum Altbewährten

Das ei care Projekt lässt sich mit der Entwicklung des Soja-Anbaus vergleichen: Soja ist ein wichtiges, eigentlich nicht heimisches, Eiweißfutter in der Tierernährung. Der Soja-Anbau in Deutschland konnte trotz geringerer Erlöse gegenüber altbewährten Leguminosen nur mit langjähriger Züchtung weiterentwickelt werden. Heute gibt es Sorten, die sich auch in weniger begünstigten Lagen erfolgreich anbauen lassen. Zudem gibt es den Trend zurück zu den altbewährten Leguminosen.

 

Bild: HahnHenne_Wardow

 

Link Imagefilm